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Anobag: Wenn der Arbeitgeber im Ausland sitzt

Von Payrollplus, 14. Mai 2025

Die Arbeitswelt wird immer globaler. Es ist längst keine Seltenheit mehr, für ein ausländisches Unternehmen in der Schweiz tätig zu sein, sei es im Homeoffice oder vor Ort. Sobald jedoch die Frage der Sozialversicherungen aufkommt, taucht ein Begriff auf, der oft für Verwirrung sorgt: ANobAG „Arbeitnehmende ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber“. Was verbirgt sich dahinter, und wie regelt die Schweiz diese spezielle Konstellation?

Was ist eine ANobAG?

Der Begriff ANobAG steht für „Arbeitnehmende ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber“ und bezeichnet Personen, die in der Schweiz arbeiten oder hier wohnen, deren Arbeitgeber allerdings keinen Geschäftssitz in der Schweiz hat. Infolgedessen unterliegt dieser Arbeitgeber nicht der Schweizer Beitragspflicht zur Sozialversicherung.

Was bedeutet „ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber“?

In der Schweiz sind grundsätzlich alle Erwerbstätigen verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Dazu zählen AHV, IV, EO, ALV und je nach Situation weitere Versicherungen.

Ist der Arbeitgeber in der Schweiz ansässig, zieht er automatisch die erforderlichen Abgaben vom Lohn ab und führt sie an die zuständige Ausgleichskasse ab. Sitzt der Arbeitgeber jedoch im Ausland, entfällt diese Pflicht – und folglich müssen die Mitarbeitenden selbst für die Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge sorgen.

Unterschied zwischen „echten“ und „unechten“ ANobAG

  • Echte ANobAG: Arbeitgeber hat keinen Sitz in einem EU- oder EFTA-Staat (z. B. USA, Kanada, Australien). Hier besteht keine Möglichkeit, dass der ausländische Arbeitgeber in der Schweiz AHV-Beiträge leistet. Der/die ANobAG übernimmt sämtliche Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge.
  • Unechte ANobAG: Arbeitgeber hat Sitz in einem EU-/EFTA-Staat. Nach den bilateralen Abkommen mit der EU/EFTA wäre der Arbeitgeber zwar eigentlich verpflichtet, Schweizer Sozialversicherungsbeiträge abzurechnen, kann dies aber an die Mitarbeitenden delegieren. Das führt in der Praxis dazu, dass man ebenfalls alles selbst bei der Ausgleichskasse abwickelt, jedoch z. T. eine Kostenrückerstattung vom Arbeitgeber erhält.

Rechtsgrundlagen bei ANobAG

Mehrere gesetzliche und vertragliche Regelungen stecken den Rahmen für ANobAG ab:

  • Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG): Art. 1a regelt den persönlichen Geltungsbereich.
  • Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009: Regeln die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit innerhalb der EU/EFTA und legen fest, in welchem Staat Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind.
  • Weitere Gesetze: Das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG), das Bundesgesetz über die Erwerbsersatzordnung (EOG), das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) und das Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) regeln die spezifischen Versicherungszweige.

Zuständigkeiten und Verfahren

Die Rolle der kantonalen Ausgleichskasse

Ist der Arbeitgeber nicht in der Schweiz domiziliert und deshalb nicht beitragspflichtig, übernimmt die Ausgleichskasse im Wohnkanton der arbeitnehmenden Person die Rolle der Anlauf- und Durchführungsstelle. Dort muss man sich als ANobAG aktiv anmelden.

Anmeldung und Beitragsabrechnung

Der Prozess sieht in der Regel so aus:

  1. Anmeldung: Kontaktaufnahme mit der kantonalen Ausgleichskasse (SVA/AHV).
  2. Erfassung der Personalien und Lohnangaben: Welche Tätigkeit wird ausgeübt, welcher Lohn wird erzielt?
  3. Beitragsfestsetzung: Die Ausgleichskasse legt die monatlichen bzw. vierteljährlichen Beiträge fest.
  4. Einkommensmeldung: Am Jahresende (oder laufend) meldet man sein tatsächliches Einkommen.

Da kein Schweizer Arbeitgeber vorhanden ist, muss der/die ANobAG alle Arbeitgeberpflichten selbst übernehmen.

Sozialversicherungspflicht in der Schweiz

Trotz eines ausländischen Arbeitgebers sind ANobAG voll in das Schweizer Sozialversicherungssystem eingebunden. Dies umfasst:

AHV/IV/EO (1. Säule)

  • AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung), IV (Invalidenversicherung) und EO (Erwerbsersatzordnung) bilden die erste Säule.
  • Der kombinierte Beitragssatz (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) beträgt aktuell rund 10,6 % (Stand 2025). Als ANobAG trägt man diesen Gesamtbetrag allein, kann sich aber mit dem ausländischen Arbeitgeber einigen, dass dieser einen Teil übernimmt.

ALV (Arbeitslosenversicherung)

  • Auch ANobAG sind in der Schweiz grundsätzlich gegen Arbeitslosigkeit versichert.
  • Bis zu einem Lohn von CHF 148’200 pro Jahr gilt ein Beitragssatz von 2,2 % (AG+AN-Anteil). Als ANobAG zahlt man den gesamten Satz selbst.

Unfallversicherung (UVG)

  • Die obligatorische Unfallversicherung (Berufs- und Nichtberufsunfall) ist für alle Arbeitnehmenden in der Schweiz gesetzlich vorgeschrieben.
  • Da kein Schweizer Arbeitgeber vorhanden ist, muss man sich selbst bei einer Unfallversicherung (z. B. SUVA oder einem Privatversicherer) versichern.

Familienzulagen (FAK)

  • Die Beiträge für Familienzulagen unterscheiden sich je nach Kanton und liegen häufig zwischen 1 % und 2 % des versicherten Lohns.
  • Auch hier gilt: Bei fehlendem Arbeitgeber übernimmt der/die ANobAG den gesamten Beitrag.

BVG (2. Säule)

  • Die obligatorische berufliche Vorsorge (BVG) greift nur, wenn ein Arbeitgeber in der Schweiz AHV-beitragspflichtig ist.
  • Echte ANobAG (Drittstaaten-Arbeitgeber) sind daher nicht obligatorisch BVG-versichert.
  • Unechte ANobAG (EU/EFTA) sind normalerweise BVG-pflichtig, sofern weitere Voraussetzungen (z. B. Mindestlohn) erfüllt sind.
  • Wer kein obligatorisches BVG hat, kann sich oft freiwillig bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG anschliessen, um für das Alter vorzusorgen.

Beitragssätze und Kostenaufteilung bei ANobAG

Als ANobAG zahlt man, je nach Kanton und Versicherungszweig, eine Summe, die bei normalen Arbeitsverhältnissen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt wäre. Typischerweise umfasst das:

  • AHV/IV/EO: Rund 10,6 %
  • ALV: 2,2 % bis zur Lohnobergrenze
  • FAK: Ca. 1–2 % (kantonal unterschiedlich)
  • Verwaltungskosten: Bis zu 5 % der AHV-Beiträge können als Verwaltungskostenanteil durch die Ausgleichskasse erhoben werden.

Gerade bei den „unechten“ ANobAG kommt es häufiger vor, dass der ausländische Arbeitgeber die Kosten teilweise oder ganz zurückerstattet. Rechtlich ist dies jedoch eine Frage der Vereinbarung zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgeber.

Spezielle Konstellationen

EU/EFTA-Arbeitgeber (unechte ANobAG)

  • Nach den Koordinationsregeln der EU/EFTA muss grundsätzlich im Tätigkeitsstaat (hier: Schweiz) Sozialversicherung gezahlt werden, sobald die Arbeit überwiegend in der Schweiz stattfindet.
  • Der Arbeitgeber kann mit dem/der ANobAG eine Delegationsvereinbarung treffen, wonach die Mitarbeitenden selbst die Beiträge in der Schweiz abrechnen.

Arbeitgeber aus Drittstaaten (echte ANobAG)

  • Keine Anbindung an die Schweizer AHV als Arbeitgeber
  • Der/die Mitarbeitende trägt sämtliche Beiträge allein
  • BVG ist nicht obligatorisch, UVG aber weiterhin vorgeschrieben

Grenzgänger oder mehrere Arbeitsorte

  • Kommt es vor, dass die Mitarbeitenden sowohl in der Schweiz als auch in einem anderen Land tätig sind, gelten kompliziertere Koordinationsregeln.
  • Hier sollte man mit der kantonalen Ausgleichskasse und ggf. dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) Rücksprache halten.

Praktische Tipps und Vorgehensweise

Früher Kontakt mit der kantonalen Ausgleichskasse

Wer eine Stelle bei einem ausländischen Arbeitgeber antritt und in der Schweiz wohnt oder arbeitet, sollte unverzüglich die kantonale Ausgleichskasse kontaktieren. Dort klärt man den Status, erhält alle Formulare zur Anmeldung und erfährt die relevanten Beitragssätze.

Unfallversicherung selbst organisieren

Da es keinen Schweizer Arbeitgeber gibt, der die Versicherung abschliesst, müssen ANobAG sich bei einer Versicherungsgesellschaft (z. B. SUVA oder Privatversicherer) anmelden.

Freiwillige BVG-Lösung prüfen

Insbesondere bei echten ANobAG kann es sich lohnen, eine freiwillige BVG-Lösung abzuschliessen, um Lücken bei der Altersvorsorge zu vermeiden. Dafür stehen die Auffangeinrichtung BVG oder andere Sammelstiftungen offen.

Genaue Vereinbarung mit dem Arbeitgeber

Gerade bei „unechten“ ANobAG (Arbeitgeber in der EU/EFTA) besteht häufig die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber sich an den Sozialversicherungsbeiträgen beteiligt. Eine entsprechende Kostenübernahme sollte vertraglich geregelt werden.

Die Schweiz bietet auch für Erwerbstätige mit ausländischem Arbeitgeber eine klare Regelung im Sozialversicherungsbereich. Wichtig ist, dass man sich frühzeitig informiert und bewusst wird, dass man als ANobAG sämtliche Beitragspflichten selbst wahrnehmen muss – zumindest formell. Dank der klaren Strukturen und Anlaufstellen bei den kantonalen Ausgleichskassen lässt sich dieser Prozess aber meist gut organisieren.

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